Interview
Jari Suominen, CEO von Pölkky, im Interview über Kulturunterschiede zwischen Finnland und Mitteleuropa, die Schönheit von finnischem Holz und die strategischen Zielsetzungen der nördlichsten Unternehmenseinheit der Pfeifer Group.
Zur Person: Jari Suominen
Pölkky-CEO Jari Suominen hat seine Kindheit 150 km östlich von Helsinki verbracht und kam früh mit der Holzindustrie in Berührung. Nach einem Studium der Finanzwirtschaft war er im Stora-Enso-Konzern in vielen Verantwortungsbereichen tätig: vom Finanzwesen und Controlling über die Papierindustrie bis hin zum Management von Sägewerken und Führungsaufgaben in der Holzbau-Sparte. Nach einer mehrjährigen Tätigkeit in Deutschland führte ihn seine Berufslaufbahn schließlich nach Wien. In Österreich habe er das Sägegeschäft erlernt, erklärt der Holzindustrie-Fachmann, der fließend Deutsch spricht. Vor seinem Wechsel zu Pölkky hatte der begeisterte Radfahrer, Jäger und Skiläufer in Finnland eine Position inne, in der er für 4.000 Mitarbeiter verantwortlich war. Suominen ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Er lebt mit seiner Familie in Helsinki.
Sie haben viele Jahre Ihres Berufslebens in Finnland, Deutschland und Österreich verbracht. Wie viel interkulturelles Management ist nötig, um die skandinavische Unternehmenskultur mit jener eines mitteleuropäisch geprägten Unternehmens in Einklang zu bringen?
Jari Suominen: „Man sollte vor allem keine Angst vor Kultur- und Mentalitäts-Unterschieden haben. Im Gegenteil, wer sich aktiv mit ihnen auseinandersetzt, erkennt, welche Stärken und welcher Mehrwert daraus erwachsen können. Entscheidend ist, diese Unterschiede anzuerkennen und zu respektieren. Bei Pölkky und Pfeifer sind wir aus meiner Sicht auf einem guten Weg. Allerdings warne ich davor, diesen Prozess frühzeitig als abgeschlossen zu betrachten. Es dauert sicher Jahre, bis wir ein klares Verständnis voneinander haben. Die Aufgabe der kulturellen Annäherung als solche wird aber wohl niemals restlos abgeschlossen sein.“
Worin sehen Sie die größten Unterschiede zwischen Finnland und dem deutschsprachigen Raum in Bezug auf die Organisation eines Unternehmen?
Jari Suominen: „Die Kulturen und das Werteverständnis ähneln sich in vielerlei Hinsicht. Unterschiede erkenne ich besonders darin, wie Entscheidungsprozesse ablaufen. In nordischen Ländern werden deutlich mehr Diskussionen vor Entscheidungen geführt und die Beschlüsse von größeren Gruppen getroffen. Das dauert entsprechend länger. Gerade in schwierigen Situationen kann sich das ziehen. Das Positive daran: Wenn wir die Dinge dann umsetzen, sind alle motiviert und entschlossen bei der Sache. Die Implementierung verläuft schneller.“
Üblicherweise birgt die Kommunikation große Stolpersteine.
Jari Suominen: „Wenn ein E-Mail aus Österreich kommt und ich dieses mit meinem österreichisch-deutschen Auge lese, sind alle Aussagen völlig klar. Wenn ich es mit meinem nordischen Auge betrachte, sind die Botschaften nicht so unmissverständlich. Ich empfinde das E-Mail als ein uneffektives Tool. Deshalb ermuntere ich immer dazu, das Telefon in die Hand zu nehmen und direkt miteinander zu sprechen.“
Was können die beiden Kulturräume voneinander lernen?
Jari Suominen: „Ich habe mein halbes Berufsleben in Mitteleuropa verbracht, möglicherweise bin ich deshalb nicht mehr ganz objektiv. Aber im Norden könnten wir etwas schneller in der Entscheidungsfindung werden. Allerdings: Nicht mehr zu diskutieren und Menschen kaum in Entscheidungen miteinzubeziehen, wäre zu extrem, das würde die Motivation untergraben. Umgekehrt täte es Mitteleuropa gut, die Menschen vermehrt im Vorfeld von Entscheidungen abzuholen und sie dadurch für die Sache zu gewinnen. Eines lässt sich auf jeden Fall von den Finnen lernen: In Deutschland wird beklagt, dass man bei Kälte im Winter nicht gut sägen kann. Im Norden Finnlands läuft die Vollproduktion selbst bei -42 Grad Celsius gut weiter.“
Durch den Schritt Richtung Finnland hat Pfeifer sich den Zugang zu qualitativ hochwertigen Rohstoff-Ressourcen gesichert. Was zeichnet „Finnish timber“ im Kern aus gegenüber Hölzern aus weiter südwärts gelegenen Breitengraden?
Jari Suominen: „Die Holzqualität unterscheidet sich innerhalb von Finnland noch einmal. Ich spreche von nordfinnischer Qualität. Bei uns wachsen die Bäume langsam, sie sind kürzer und kleiner, aber ihr Holz ist wunderschön. Unsere Kiefern und Fichten zeichnen sich durch eine besonders ansehnliche Optik aus. Wir brauchen entsprechend ein Geschäftsmodell, bei der die Oberflächenqualität und die visuelle Qualität des Holzes ausschlaggebend sind. Wenn man von finnischem Holz spricht, muss man auch den Einkauf betrachten. Dieser funktioniert in Finnland vollkommen anders als in Mitteleuropa: Wir bestellen nicht nur eine bestimmte Menge, sondern wir kaufen ein komplettes Waldteil. Dann entnehmen wir dem Wald jene Qualitäten, die wir brauchen. Die Qualitäten, die wir nicht brauchen, verkaufen wir an andere Unternehmen wie z. B. Zellstoffwerke. Das Konzept der Zwischenhändler, die diesen Prozess organisieren, existiert in Finnland nicht. Wir arbeiten als Produzenten direkt mit den Waldbesitzern zusammen. Entsprechend wichtig ist der Kontakt zu ihnen.“
Das Marktumfeld hat die Holzindustrie zuletzt vor große Herausforderungen gestellt. Wie geht es Ihnen?
Jari Suominen: „Die Situation fordert uns, ganz besonders in Finnland. Wir exportieren 70 %, gleichzeitig bildet Finnland unseren größten Einzelmarkt. Mit dem Ukraine-Krieg hat die Bautätigkeit hierzulande stark abgenommen. Der Zukunftsoptimismus der jungen Familien wurde beschädigt, gemeinsam mit dem hohen Zinsniveau ergibt das eine ungünstige Konstellation. Das Niveau an Neubauten war in meinem Heimatland 2024 das niedrigste Europas. In der Bauindustrie gibt es unterschiedliche Einschätzungen, wie bald eine Erholung eintritt. Langfristig sind die Aussichten positiv. Der Markt will vermehrt mit Holz bauen, speziell bei großen Gebäuden und Bauten im öffentlichen Sektor.“
Zum Konjunktureinbruch kommt speziell in Finnland ein hohes Preisniveau im Rundholzmarkt. Warum kostet bei Ihnen Holz so viel mehr?
Jari Suominen: „Nordfinnland verfügt als eine der letzten Regionen Europas über weite unerschlossene Waldgebiete. Hier gab es zuletzt viele Investitionen der Zellstoffindustrie mit großen Volumina an Rundholz-Einkauf. Die Preise sind dadurch zu hoch. Ich hoffe, dass ab Sommer 2025 die Rohstoffpreise wieder weiter nach unten gehen. Dennoch wird das Preisniveau wohl überdurchschnittlich hoch bleiben.“
Ihre Werke in Kajaani und Taivalkoski durchlaufen große Investitionsprogramme. Worin sehen sie die wesentlichen Aufgaben, um diese Investments und das gesamte Unternehmen zum Erfolg zu führen?
Jari Suominen: „Wachstum bildet einen wesentlichen Eckpfeiler unserer Strategie. Wir planen, unsere Kapazitäten im Schnittholzbereich zu verdoppeln. Gleichzeitig wollen wir die Internationalisierung unserer Märkte vorantreiben und von einem Mengen- zu einem Wertschöpfungs-Fokus kommen. Dafür haben wir neue Unternehmenseinheiten für Pricing- und Produkt-Management etabliert. Wir müssen noch näher an unsere Kunden heranrücken, aber auch an die Waldbesitzer. Deshalb haben wir neue Einkaufsteams gebildet und neue Einkaufsgebiete definiert. Für den erfolgreichen Betrieb unserer neuen, modernen Anlagen brauchen wir vor allem gute, kompetente Mitarbeiter, angefangen von den Werken bis in den Verkauf. Durch den Merger mit Pfeifer können wir diesbezüglich von der außerordentlich hohen Expertise in der Pfeifer Unternehmensgruppe profitieren. Das wird Pölkky deutlich voran bringen.“
Die österreichische Pfeifer Holding GmbH wurde 1948 gegründet und wird heute in dritter Generation familiengeführt. Sie beschäftigt 2.600 Mitarbeiter:innen an 13 Standorten in Österreich, Deutschland, Tschechien und Finnland. Der Firmensitz befindet sich in Imst (Tirol/Österreich). In den vollintegrierten Sägewerken der Gruppe werden jährlich rund 5,4 Mio. Festmeter Holz eingeschnitten und entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu Schnittholz und Hobelware, Betonschalungsplatten, Schalungsträgern, Brettsperrholz (CLT), Brettschichtholz, verleimten Massivholzplatten sowie Palettenklötzen, Briketts, Pellets und Biostrom verarbeitet.