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Interview

Die Zeiten zufälliger Entwicklungen sind vorbei

Michael Pfeifer, CEO der Pfeifer Group, erklärt im Interview, welchen Unterschied die Unternehmens-DNA von Pfeifer in einer Rezession macht, und worin er die Entwicklungschancen der Zukunft sieht.

Herr Pfeifer, Ihre Branche hat nach Jahren des Wachstums eine ziemliche Durststrecke überdauern müssen. Sehen Sie Licht am Ende des Tunnels?

Michael Pfeifer: „Dass die Holzindustrie in den vergangenen Jahren vor großen Herausforderungen stand, ist unbestritten. Ich denke, dass man sich selbst in einer schwierigen konjunkturellen Phase, in einer Rezession wie der aktuellen, jedoch stets eines vor Augen halten sollte: Wir haben als Branche eine vielversprechende Zukunft vor uns. Unsere Produkte und unser Geschäftsmodell sind nicht in ihrer Daseinsberechtigung hinterfragt. Im Gegenteil: Unser Rohstoff bildet die Grundlage für die großen Transformationsprozesse, welche die Gesellschaft auf dem Weg in eine emissionsärmere Welt durchlaufen muss. Holz wächst praktisch vor unserer Haustüre. Es bildet eine der Säulen, um klimaverträglich und nachhaltig zu bauen. Die Produkte von Pfeifer werden künftig gefragter denn je sein.“

Zuletzt waren Sie aber mit rückläufigen Umsätzen und regelrechten Kostenexplosionen konfrontiert.

Michael Pfeifer: „Derart massive Einschnitte, wie wir sie jüngst erlebt haben, müssen erst einmal bewältigt werden. Der Erfolg von Pfeifer lag immer darin begründet, dass wir die Fähigkeit besitzen rationell zu produzieren. Das, was wir können, haben wir perfektioniert und uns sortimentsseitig nie verzettelt. Diese Eigenschaft liegt in unserer Unternehmens-DNA. Gerade in einem rückläufigen wirtschaftlichen Umfeld kommt uns das zugute. Auch wenn wir in den vergangenen zehn bis zwanzig Jahren an Größe gewonnen haben, sind wir einem der Pfeifer-Kernwerte treu geblieben – unserer traditionell stark ausgeprägten Effizienz. Die Herausforderung besteht ab einer gewissen Größe darin, Wendigkeit und die Anpassungsfähigkeit an ein geändertes Marktumfeld beizubehalten. Dieser Aufgabe stellt sich Pfeifer laufend. Dadurch sind wir auf das Wesentliche fokussiert geblieben und sicher durch die unruhigen Gewässer gesteuert.“

Sie zählen mittlerweile zu den Top 3 der europäischen Holzindustrie. Vielfach geht Wachstum zulasten von Effizienz und Ertragskraft. Wie verhindern Sie so eine Entwicklung bei Pfeifer?

Michael Pfeifer: „Wir können nicht stehen bleiben. Richtig gemanagtes Wachstum ist die Voraussetzung, um in unserer Größe kosteneffizient zu produzieren und am Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Die daraus erwirtschafteten Erträge sichern jene Innovationskraft, die nötig ist, um den permanenten Wandel auf allen Ebenen erfolgreich zu vollziehen. Gerade in der Produktion sind wir gefordert, Wirtschaftlichkeit zu sichern. Wir nutzen bereits heute mit intelligenten Schulungs- und Rekrutierungsmaßnahmen die Chancen von Automatisierung und künstlicher Intelligenz. Das wird noch viel bedeutender.“

Automatisierung wird vielfach gleichgesetzt mit dem Wegfall von Arbeitsplätzen.

Michael Pfeifer: „Wir wollen durch Automatisierung wachsen. Wachstum bedeutet zuerst einmal das Schaffen neuer Arbeitsplätze. Wir müssen aber auch deshalb automatisieren, weil wir zusehends gar nicht mehr das Personal für gewisse Aufgaben finden. Die Innovation besteht folglich darin, dem Mangel an Fachkräften, aber auch an Hilfskräften mit den Möglichkeiten der Automatisierung und Digitalisierung zu begegnen. An manchen Positionen werden wir dadurch effizienter, das ist entscheidend.“

Wie kann man sich das konkret vorstellen?

Michael Pfeifer: „Die Flickstation in unserem Naturholzplattenwerk in Imst bietet ein gutes Beispiel. Hier wurden über viele Jahre Astlöcher händisch ausgebessert. Das wickeln wir mittlerweile mit wesentlich geringerem Aufwand automatisch ab – auch unter Zuhilfenahme von KI. Mit unserem Innovation-Hub haben wir einen unternehmenseigenen Think-Tank etabliert, der uns fortlaufend derartige Entwicklungsansätze liefern soll. Die Zeiten, wo man dem Zufall Entwicklung überlassen konnte, sind lange vorbei.“

Der größte Kostenfaktor in Ihrer Produktion bleibt aber nach wie vor Rundholz, das zudem starken Preisschwankungen unterliegt. Wo setzen Sie hier an?

Michael Pfeifer: „Wir machen uns auch hier Entwicklungen im Bereich der Automatisierung zunutze, die Technik hat sich in Summe beeindruckend weiterentwickelt. Dünnschnitt-Sägeblätter, Scanner-Technologie und ein fortgeschrittener Vernetzungsgrad der Anlagen in den Werken ermöglichen höhere Ausbeute. Bei einem Einschnitt von jährlich mehr als fünf Millionen Festmetern Rundholz macht dies einen deutlichen Unterschied aus. Wir verwerten zwar längst sämtliche Sägereste, aber unser vornehmliches Ziel besteht darin, Wertschöpfung aus dem Holzerzeugnis selbst zu erzielen. Darüber hinaus setzen wir auf starke Vernetzung mit den Waldbesitzern und Transporteuren.“

Reibungslose Logistik bildet bei den zu bewegenden Mengen einen zentralen Wettbewerbsfaktor.

Stichwort Klimawandel: eine der großen Herausforderungen der Zukunft besteht darin, sich den Zugang zu Rohstoffen zu sichern. Welchen weiteren Weg wollen Sie diesbezüglich beschreiten?

Michael Pfeifer: „Wir streben eine weitere Internationalisierung an. Der Schritt nach Skandinavien mit dem Erwerb und der Integration von Pölkky war wichtig für uns. Er sichert den Zugang zu einem qualitativ hochwertigen Rohstoff. Wir werden künftig auch an Nordamerika nicht vorbeikommen. Hier gibt es große Ressourcen. Absatzseitig sehen wir in Nordamerika ebenfalls viel Potenzial. Die USA importieren rund 33 Mio. m³ Schnittholz. Aktuell stammen nur drei Mio. Kubikmeter davon aus Europa, 30 Mio. m³ aus Kanada. Diese Dimensionen verdeutlichen die enormen Chancen.“

Pfeifer ist ein in der dritten Generation familiengeführtes Unternehmen. Glauben Sie, dass dieses Erfolgsmodell auch den komplexen Anforderungen der Zukunft gerecht wird?

Michael Pfeifer: „Familienunternehmen gewinnen immer mehr an Bedeutung, gerade in krisenhaften Zeiten. Bei Pfeifer denken wir in Generationen. In den Vorständen börsennotierter Unternehmen wird oft nur von einer Vertragsverlängerung zur nächsten gedacht. Wir brauchen heute aber eine langfristige Orientierung, um mit den anstehenden Herausforderungen fertig zu werden. Ein Familienunternehmen wie Pfeifer steht für langfristige Beziehungen und Kalkulierbarkeit. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso wie für Lieferanten. Zudem ist das klischeehafte Bild patriarchal geprägter Strukturen in Familienunternehmen überholt. Dieser Wandel ist bereits vollzogen. Der nächste findet bereits statt: der digitale Generationenwechsel. Dessen Potenzial gilt es zu heben und dem Unternehmen zugänglich zu machen.“

Drei Pfeifer-Mitarbeiter und ein E-Stapler