Interview
CTO Clemens Pfeifer beleuchtet im Interview das vielschichtige Feld der Investitionsmaßnahmen in der Pfeifer Group.
CTO Pfeifer Group
„Ohne Kraft-Wärme-Kopplung geht bei Pfeifer gar nichts“, betont CTO Clemens Pfeifer. Die unternehmenseigenen Kraftwerke sind von essenzieller Bedeutung. Ihre Prozesswärme stellt die Trocknung sicher und damit einen reibungslosen Produktionsablauf. Die für den störungsfreien Betrieb verantwortliche Stabstelle „Kraft-Wärme-Kopplung und Energie-Management“ wird von Yüksel Kodaman geleitet. Die Bilanz der Fachabteilung ist bemerkenswert. Kein einziges Kraftwerk in der Pfeifer Gruppe läuft unter 8.000 h pro Jahr – bei möglichen 8.760 Gesamtstunden eines Kalenderjahres. Yüksel Kodaman ist als Experte entsprechend begehrt und gefragt im gesamten Konzern. Seine Expertise bezieht der Energiespezialist auf Basis einer Praxis der fundierten Datenauswertung.
„Diese Stabstelle garantiert, dass wir auch im Mitbewerber-Vergleich deutlich bessere Ergebnisse in der Nutzung unserer Energie-Ressourcen erzielen“
Herr Pfeifer, Sie haben zuletzt eine Reihe von großen Investitionsprojekten realisiert. Hinsichtlich Dimension ragen besonders das neue Sägewerk im nordfinnischen Kajaani und das Mitte 2024 in Betrieb genommene Altholz-Recyclingwerk im niedersächsischen Uelzen heraus.
Clemens Pfeifer: „In Kajaani wollen wir unser Produktionsvolumen deutlich steigern. Ich bin überzeugt, dass uns das gelingt, wir haben hier eines der leistungsfähigsten und modernsten Sägewerke Skandinaviens in Betrieb genommen. Die Kapazität des Jahres-Outputs beträgt eine Million Festmeter. Am Rande bemerkt: Die Hallenkonstruktion der Anlage in Kajaani wurde mit Pfeifer-CLT errichtet. In Uelzen sind wir ab Sommer 2024 schrittweise in die Aufbereitung von Altholz gestartet. Mit Verspätung, aber letztlich doch erfolgreich. Die Verarbeitungskapazität liegt bei 144.000 Tonnen Altholz pro Jahr und trägt damit ganz wesentlich zu unserer Nachhaltigkeitsstrategie bei.“
In Uelzen steht in weiterer Folge eine Rundum-Erneuerung des Standortes an.
Clemens Pfeifer: „Wir erneuern die Profil-Zerspanerlinie, außerdem folgen 2025 und 2026 die Arbeiten an der neuen Schnittholzsortierung und am neuen Rundholzplatz. Das alles erfolgt parallel zur laufenden Produktion. Das ist ein sehr herausforderndes Vorhaben, dem wir uns aber gewachsen sehen. Einen ähnlichen Prozess konnten wir bereits in Kundl erfolgreich bewältigen. Es ist schön zu sehen, mit welchem Engagement die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Uelzen an diese komplexe Aufgabe herangehen.“
Welche Erwartungen setzen Sie in die jüngsten Investitionen?
Clemens Pfeifer: „Die jeweiligen Projekte sind auf unterschiedliche Zielsetzungen hin ausgerichtet. In Uelzen gehen z. B. alle am Projekt Beteiligten die Extrameile für den Standort, weil sie dadurch einen deutlichen Vorsprung in der Wettbewerbsfähigkeit gewinnen. All unseren unterschiedlichen Vorhaben liegt ein gemeinsames Ansinnen zugrunde: Wir wollen effizienter und leistungsfähiger werden. Wir geben uns nicht damit zufrieden, schöne und moderne Anlagen zu errichten. Gemeinsam mit unserer Stabstelle Operations Management, die seit kurzem von Dominik Vögele geleitet wird, versuchen wir in allen Betriebsbereichen auch noch die letzten Leistungsprozente und Kostenvorteile zu lukrieren. Das schließt unter anderem auch die qualitative Verbesserung von Arbeitsplätzen und der Arbeitsumgebung mit ein. Das unmittelbare nächste Ziel besteht in der entsprechend hohen Auslastung der Werke, damit Millionen teure Investitionen auch den notwendigen betriebswirtschaftlichen Return bringen können.“
Neben dem neu realisierten Sägewerk in Kajaani haben Sie bei Pölkky die Schnittholz-Sortierung und das neue Hobelwerk in Taivalkoski in Betrieb genommen. Wie sieht im Kontext dieser Projekte das erste Resümee des Finnland-Engagements von Pfeifer aus?
Clemens Pfeifer: „Pölkky ist derzeit eine große Herausforderung und gleichzeitig, für die Zukunft betrachtet, auch eine große Chance für die Pfeifer-Unternehmensfamilie und stellt somit eine ideale Ergänzung dar. Die Erfahrungen, die wir mit unserem aktuellen Projektteam in Kajaani gemacht haben, kann ich nur als hervorragend bezeichnen. Dieses hat sich aus mehreren Ländern rekrutiert und Außerordentliches geleistet. Sowohl zeitlich als auch budgetär werden nun alle Projektparameter eingehalten. Der Bau war zum damaligen Zeitpunkt das größte Einzelprojekt im Konzern. Koordiniert wurden die Arbeiten von Sami Sjöblom und dem Assetmanagement der Pfeifer Holding GmbH unter der Leitung von René Svatek. Tatkräftige Unterstützung leistete auch Christian Parzer, der seine umfassende Expertise einbrachte. Die Leistung der Beteiligten ist noch höher zu bewerten vor dem Hintergrund, dass ca. drei Monate nach der Übernahme von den früheren Eigentümern das laufende Investitionsprojekt einer kompletten Evaluierung unterzogen werden musste. Diese Zeit war sehr herausfordernd, da der Druck auf alle Beteiligten sehr hoch war. Diese Herausforderung haben die Verantwortlichen erfolgreich gemeistert.“
Der Schritt der Pfeifer Group Richtung Finnland ist Überlegungen zur dauerhaften Verfügbarkeit von Rohstoff-Ressourcen gefolgt. Welche Erfahrungen haben Sie in dieser Hinsicht bislang gemacht?
Clemens Pfeifer: „Das größte Kapital Finnlands ist zweifellos sein Rohstoffschatz in Form von riesigen Nadelholzbeständen, die aus meiner Sicht den qualitativ besten Rohstoff weltweit liefern. Unsere Aufgabe besteht darin, dieses kostbare Geschenk der Natur mit der besten Technologie und einer motivierten Produktionseinheit sorgsam zu nutzen. Diese Sorgfalt verfolgen wir auch an allen anderen Standorten wie zum Beispiel in Unterbernbach, das ebenfalls inmitten eines bevorzugten Rohstoff-Einzugsgebiets liegt. Auch hier arbeitet man mit einem hohen Maß an Sensibilisierung für den Wert dieses kostbaren Guts. Generell verfolgen wir das Ziel, mit unseren Produkten Wertschöpfung zu sichern, gleichzeitig aber einen grundlegenden Beitrag zur nachhaltigen Transformation der Bauwirtschaft zu leisten. Man muss sich vor Augen halten, dass wir einen zukunftsträchtigen Baustoff auf Basis eines nachwachsenden Rohstoffs produzieren und damit einen wesentlichen Unterschied machen können. Das ist ein lohnendes Unterfangen.“
Welchen Investitionsbedarf an den Standorten erwarten sie in den kommenden Jahren, um diesen Zielsetzungen gerecht zu werden?
Clemens Pfeifer: „Wir sind dank einer konsequenten Investitionspolitik sehr gut aufgestellt. In Lauterbach und Schlitz erweisen sich die Investitions- und Infrastruktur-Maßnahmen der vergangenen Jahre als beständig und tragfähig. Die beiden Standorte arbeiten in einer fortlaufend besser aufeinander abgestimmten Symbiose. Das Schnittholz aus Lauterbach erfährt in der Verarbeitung zu CLT im 18 km entfernten Schlitz einen bedeutsamen Wertschöpfungsschritt. Diese wechselseitige Auslastung und Versorgung hat unsere Vorgeneration in Imst und Kundl begonnen. Wir haben diesen Generationenauftrag übernommen und bis heute weiter perfektioniert. Beispielsweise wurde in Imst bereits vor mehr als zehn Jahren mit der technologischen Modernisierung in unserem Brettschichtholzwerk begonnen und diese seither sukzessive bis hin zum Natur- und Massivholzplattenwerk erfolgreich fortgesetzt. In diesem Sinn werden wir auch weitermachen und die permanente Pflege und Weiterentwicklung der Produktionslandschaft vorantreiben.“
Welche Bedeutung messen sie der KünstlicheN Intelligenz und Automatisierung in der Holzindustrie bei?
Clemens Pfeifer: „Wir haben längst auf vielen Ebenen automatisierte Abläufe als Teil der Prozessoptimierung in die Produktion integriert. Und dabei kommen Technologien zum Einsatz, die sich unter dem Begriff KI subsummieren lassen. Für uns ist das in Wahrheit nichts Ungewöhnliches mehr, sondern gelebter Alltag. Kundl etwa erntet die Früchte der Investitionstätigkeit der vergangenen Jahre mit deutlich gesteigerten Leistungsniveaus durch hohe Automatisierungsgrade. Die Brettschichtholz-Fertigung in Imst läuft seit mehreren Jahren hochgradig automatisiert ab. Eine ähnliche Entwicklung haben wir nun im Naturholzplattenwerk in Imst vollzogen – mit bemerkenswerten Ergebnissen. Wir legen im Übrigen großen Wert darauf, neben der Steigerung von Effizienz und Ausbeute auch Mehrwert in der Qualität der Arbeitsumgebung zu schaffen, das sind wir unseren Kolleg:innen in der Produktion auch schuldig.“
Welche Relevanz hat der Faktor Mensch in einer zunehmend digitalisierten und von Robotik geprägten Produktionssphäre?
Clemens Pfeifer: „Der Mensch ist fundamental. Am Ende sind es Individuen, die Prozesse erdenken, steuern und überwachen. Vor allem sind die Wartung und Instandhaltung der Anlagen sowie die Abstimmung ihrer Komponenten aufeinander ein im Wesentlichen von Menschenhand verantworteter Aufgabenbereich. Anhand des größten und komplexesten Standorts unserer Gruppe in Chanovice lässt sich das veranschaulichen. Hier haben es langjährige und hochmotivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter der Leitung von Vlastimil Kuba geschafft, mehrdimensionale Verarbeitungsstufen ideal aufeinander abzustimmen und dadurch sehr gute Ergebnisse zu sichern. In Thranov wiederum schafft es ein ebenfalls top-engagiertes Team unter der Leitung von Frau Vendula Kropáčková, mit den Möglichkeiten einer langgedienten Infrastruktur ein profitables Produkt zu erzeugen. Thranov zeigt: Es muss nicht immer High-Tech sein. Entscheidend ist, sich auf Gegebenheiten einzustellen und eine Mannschaft gut zu führen und zu motivieren.“
Die österreichische Pfeifer Holding GmbH wurde 1948 gegründet und wird heute in dritter Generation familiengeführt. Sie beschäftigt 2.600 Mitarbeiter:innen an 13 Standorten in Österreich, Deutschland, Tschechien und Finnland. Der Firmensitz befindet sich in Imst (Tirol/Österreich). In den vollintegrierten Sägewerken der Gruppe werden jährlich rund 5,4 Mio. Festmeter Holz eingeschnitten und entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu Schnittholz und Hobelware, Betonschalungsplatten, Schalungsträgern, Brettsperrholz (CLT), Brettschichtholz, verleimten Massivholzplatten sowie Palettenklötzen, Briketts, Pellets und Biostrom verarbeitet.